Die Gründung
Anton Riemerschmid und Matthias Reischle, Gründer der Schule
In München gab es im 19. Jahrhundert zwar eine Uni-versität, Akademien, Gymnasien und Realschulen, diese waren aber in erster Linie der männlichen Jugend vor-behalten. Schulen für Mädchen wurden hauptsächlich von Klöstern betrieben. So errichteten die Englischen Fräulein bereits im 17. Jahrhundert Institute in München, die Armen Schulschwestern de Notre Dame wurden gar 1841 in München gegründet. Weltliche Mädchenschulen gab es seit dem 18. Jahrhundert. Diese waren jedoch hauptsächlich für die Töchter des Adels („junge Frauenzimmer von Stand“) gedacht. So wurde z.B. an der 1775 gegründeten „Frauenzimmer-Realschule der Maria Xaveria Stamberin“ Französisch, Deutsch, Re-chnen, Schreiben, Christentum und Frauenzimmer-arbeiten gelehrt. Am 2. Dezember 1822 eröffnete die erste städtische höhere Töchterschule, das spätere Luisengymnasium. Alle diese Schulen erschlossen den Mädchen jedoch weinige Berufsmöglichkeiten. „Einfache christliche Erziehung und gewissenhafte Anleitung zu allem, was Mädchen lernen sollen, um tugendhafte, gebildete Frauen, Erzieherinnen oder bei geringeren Talenten tüchtige Arbeiterinnen in häuslichen Ver-richtungen zu werden“.
Neu und einmalig war daher die Idee des Industriellen Anton Riemerschmid, eine „Handelslehranstalt für Frauenzimmer“ zu grü-nden. Die zuvor gegründeten Handels-lehranstalten in Gotha (1817), Leipzig (1831), Göttingen (1833) und Nürnberg (1834) waren ausschließlich für Buben zugänglich. Anton Riemerschmid war jedoch der Meinung, auch Mädchen könnten bei entsprechender Vorbildung im kaufmännischen Bürodienst tätig werden. Diese Vorkenntnisse sollte die „Handelslehranstalt für Frauenzimmer“ vermitteln.
Zunächst musste jedoch noch die Zustimmung der Lokalschulkommission eingeholt werden. Diese hatte zwar Bedenken, erteilte die Zustimmung jedoch angesichts des guten Zwecks. Am 2. August 1862 bewilligte schließlich die Königliche Polizeidirektion die Gründung der Schule Riemerschmids. Allerdings mussten die Mädchen, die die Handelslehranstalt besuchen wollten, zusätzlich die Feiertagsschule absolvieren, um ihre Schulpflicht zu erfüllen. Die Riemerschmid-Schülerinnen mussten also zusätzlich an Sonn- und Feiertagen die Pflichtschule besuchen.
Am 1. Oktober 1862 konnte schließlich die neue Schule in den Räumen der Firma Riemerschmid Ecke Kanal- und Hildegardstraße mit den besten Wünschen des Münchner Magistrats und des Königs Max II. von Bayern eröffnet werden. Zunächst wurden zwei Kurse eingerichtet. Das Aufnahmealter betrug 13 Jahre. Es bewarben sich 43 Mädchen, 25 wurden aufgenommen. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre, die Durchschnittsnote 2,5 aus allen Fächern berechtigte zum Vorrücken in die zweite Jahrgangsstufe. Direktor der neuen Schule wurde der Prokurist der Firma Riemerschmid Matthias Reischle. Reischle war ein erfahrener, weitgereister Kaufmann mit pädagogischen Fähigkeiten. Schulgeld wurde nicht erhoben, die Finanzierung der Schule lag im wesentlichen in der Hand der Firma Riemerschmid.
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